Ciska von der Holderheide, mehrfache Championesse (VDH/FCI), u.a. Internationaler Schönheitschampion (FCI), Deutscher Champion (VDH)
Ciska von der Holderheide, mehrfache Championesse (VDH/FCI), u.a. Internationaler Schönheitschampion (FCI), Deutscher Champion (VDH)


Ein Krom-was?????


Immer noch zu unbekannt ist die Rasse der Kromfohrländer, als dass sie von Laien auf der Straße als Rassehund erkannt wird.
Seine Besitzer nennen ihn liebevoll – bei entsprechender Ohrstellung „Krumm-Ohrländer“  oder auch, berechtigterweise, „Komfort-Länder“.

In Deutschland gezüchtet und 1955 offiziell von der FCI anerkannt, vermochte der weiß-braun- gescheckte Herzensbrecher eine Reihe von beständigen Liebhabern für sich gewinnen und seinem charmanten und einnehmendem Äußeren verdankt er auch manche Zierde als Titelbild, was seine Beliebtheit im Laufe der Zeit deutlich steigerte.

Und dass die Bezeichnung „Komfort-Länder“ nicht von ungefähr stammt, unterstreichen seine typischen Kennzeichen: ein mittelgroßer Hund, welcher aufgrund seiner Größe (Rassestandard 38cm  - 46 cm) problemlos überall mitgenommen werden kann, seine ausgeprägte Anpassungsfähigkeit an die unterschiedlichsten Situationen und Bedürfnisse seiner Halter, eine nicht vorhandene Jagdleidenschaft (was ihn nicht daran hindert, bei zu geringer Auslastung einen Hasen zur Befriedigung seines Laufbedürfnisses heranzuziehen, ohne dabei Jagdinstinkte zu zeigen!) und seine extreme Anhänglichkeit an „seine“ Menschen, die dazu führt, dass er stets an deren Seite bleibt.

Wessen Leben ein solch beschriebener Vertreter seiner Rasse bereicherte, wird nie darüber nachdenken, sich einen Hund anderer Rasse anzuschaffen, weiß der Halter doch genau, was man unter der auf ihn zutreffenden Bezeichnung „Menschenhund“ zu erwarten hat:
Die geflügelten Worte „Das ist kein Hund, das ist ein Kromfohrländer“ kennzeichnen ihn als das, was er ist: ein Hund mit besonderen Bedürfnissen und Ansprüchen, über welche man wohl informiert sein sollte, will man mit einem Kromfohrländer glücklich werden.

Und was unterscheidet ihn denn eigentlich von den anderen vierbeinigen Kollegen?

Er ist ein Hund, der besonders Menschen anspricht, die selbst das Attribut „sensibel“ für sich in Anspruch nehmen und auch bei ihrem Hund damit gut umgehen können, denn grobe oder gar dominante Erziehung ist für diesen ausgesprochenen „Teamworker“ ein Gräuel.
 Er ist bestrebt, stets alles im Sinne seiner Zweibeiner zu gestalten, ohne jedoch unterwürfig zu sein. Seine hohe Intelligenz und Sensibilität macht ihn für die Stimmungen seiner Besitzer sehr hellhörig, aber auch für ihre Schwächen!

So kann ein unerzogener Kromfohrländer auch sehr unangenehm auffallen, wenn besonders Rüden, durchaus jedoch auch Hündinnen, sich als Leinenrüpel par excellence darstellen.
 Die Ursache liegt in aller Regel nicht in der mangelnden Ausbildung begraben, sondern häufig an der fehlenden Rassekenntnis, denn häufig wird sein Gebaren mit dem der Dominanz verwechselt, was zu katastrophalen Erziehungsergebnissen führt. Der Kromfohrländer ist in seinem Grundwesen eher ängstlich motiviert und seine Erziehung muss unbedingt auf diese Veranlagung abgestimmt werden.
Wo ein dominanter Hund zum Beispiel auf dem Sofa liegt und knurrt, um herauszufinden, ob es nun in seiner Macht liegt, zu entscheiden, wer das Sofa in Zukunft benutzen darf, so ist der Kromfohrländer immer darum bemüht, liegt er auf dem Sofa, seinen Besitzern klarzumachen, dass es sich zu Zweit oder gar zu Dritt auf dem Sofa viel netter und gemütlicher kuscheln lässt….

Auch ist er, erwachsen geworden, so stark auf seine Besitzer geprägt, dass ihn Sozialspiel unter Hunden praktisch nicht interessiert, woran viele Hundetrainer verzweifeln, möchten sie doch im Kromfohrländer etwas erwecken, was in der genetischen Anlage nicht verankert ist: Wenn Sie also als zukünftiger Hundehalter die Vorstellung pflegen, bequemlichkeits- halber in einen Park oder ein Hundeauslaufgebiet ihren Hund auszuführen, um ihn dort reichlich mit seinen Artgenossen sich müde toben zu lassen, dann haben sie mit dem Kromi wirklich die falsche Wahl getroffen.
 Am allerliebsten ist er mit „seinen“ Menschen zusammen, um gemeinsam etwas zu unternehmen: keine Wanderung ist ihm zu weit, Radfahren findet er klasse, aber er eignet sich ebenso zum hervorragenden Reitbegleithund!
Wenn Frauchen oder Herrchen krank sind und eine Woche das Bett hüten müssen, so legt er sich willig eine Woche dazu, ohne besondere Aufmerksamkeit einzufordern.
Für Agility eignet er sich in hohem Maße und seine Leichtführigkeit lässt ihn viele vordere Plätze einnehmen, aber auch im Turnierhundesport zeigt er Größe, auch wenn ihn die dauernde Wiederholung von Unterordnungsübungen schnell langweilt und seine Besitzer stets sehen müssen, wie sie ihn diese vergessen lassen können.

Doch keine Medaille ohne seine Kehrseite. Der Ursprung der Rasse beruht auf drei Ausgangstieren und wenn ein Inzuchtkoeffizient, zurückgerechnet auf die letzten fünf Generationen, tadellose Werte generiert, so sind die Folgen der Inzucht im gesundheitlichen Bereich massiv vorhanden und können nicht weggeleugnet werden, so viel man sich das auch wünschen mag.

Der bekannte Kynologe und Genetiker, Dr. Hellmuth Wachtel schrieb dazu bereits im Jahr 2008:


„Da der Kromfohrländer nur von sehr wenigen Hunden abstammt, ist der Inzuchtkoeffizient sehr hoch. Inzwischen ist wegen der Erweiterung des Genpools die Einkreuzung einer ähnlichen Rasse diskutiert worden, doch soviel ich weiß, nicht beschlossen worden, da dies aus Gesundheitsgründen (noch) nicht erforderlich sei.
Ich würde dies dennoch begrüßen, wenn es auch viele Kosten und Mühe macht, da dabei viele Mischlinge produziert würden und erst ab der 5. Generation so gut wie keine Unterschiede zu reinrassigen Kromfohrländern festzustellen wären. Dennoch würde dies die Gesamtfitness in der Rasse heben.
Da in letzter Zeit der Druck zur Verbesserung der genetischen Variabilität bei den Hunderassen stark zugenommen hat, ist zu hoffen, dass es doch noch dazu bei den Kromfohrländern kommen wird, da sonst mit einer weiteren laufenden Abnahme der genetischen Vielfalt gerechnet werden müsste.“
(copyright Dr. Hellmut Wachtel, 4. Dezember 2008)

Der in Deutschland zuständige Rassezuchtverein für Kromfohrländer versuchte vor einiger Zeit beim VDH vorstellig zu werden, um mit einem Antrag zum Einkreuzen der hohen Inzucht entgegenzuwirken. Allein, der VDH verweigerte aus verschiedenen Gründen dazu seine Zustimmung. Es mag an der kleinen Population gelegen haben, an den drei unterschiedlichen und sich ausschließenden Haarvarietäten, (Rauhaar, Langhaar und Kurzhaar) welche die Wahl für eine Einkreuzrasse schwierig macht oder der vielen Züchter, welche oft nicht mehr als die Erfahrung von zwei Würfen aufweisen -   der Antrag wurde auf jeden Fall offiziell als gescheitert ad acta gelegt.

 

(copyrigt Sybille Naß, als Rasseartikel veröffentlicht in der Hundezeitschrift "WUFF"   2/2013. Nicht zu verwechseln mit dem Vereinsorgan "Wuff" des RZV)